Studiobesuch bei eoVision | Human Footprint

Von Fabian Peters - Do, 09.04.2015 - 14:42

Hinter dem Salzburger Unternehmen eoVision stehen drei unterschiedliche Charaktere mit ganz eigenen Wissensgebieten: Der Biologe Paul Schreilechner, der technische Physiker Markus Eisl und der Diplomingenieur für Vermessungswesen Gerald Mansberger.

eoVision ist eigentlich in den Bereichen Geoinformatik und Fernerkundung tätig. Eigentlich – denn ein weiterer Schwerpunkt der Aktivitäten ist die Herstellung von hochwertigen und ästhetisch ansprechenden Satellitenbildern. Eines ihrer Ziele ist es, mit den Satellitenbildern einen Eindruck von der faszinierenden Schönheit unseres Planeten zu vermitteln, von den visuellen Fingerabdrücken unseres Daseins, der Vermischung unserer geschaffenen Strukturen mit unserer Umwelt. Dokumentiert werden aber auch der unglaublich rasche Wandel des menschlichen Lebensraums und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Natur. Neben der Publikation in Büchern und digitalen Medien werden diese Themen unter anderem auch als Videos für den Vision Globe aufbereitet, einem interaktiven, kugelförmigen Display, das unter anderem in Museen und Science Centers eingesetzt wird. Darüber hinaus engagiert sich eoVision auch in Bildungs- und Forschungsprojekten, um auf diesem Weg das Bewusstsein der Menschen für die Notwendigkeit eines schonenden Umgangs mit unserer Umwelt und einer nachhaltigen Nutzung der Rohstoffe und Ressourcen zu fördern. Die wunderschönen, künstlerischen Bilder tragen ihren ganz eigenen Teil zur Sensibilisierung und Bewusstmachung unserer Umgebung bei. Ohne erhobenen Zeigefinger und mahnende Worte erreichen sie umso mehr, denn eines wird durch sie klar: Diese abgebildete, atemberaubende Schönheit unserer Erde muss geschützt und bewahrt werden.  

  Mit Ihrer Serie "Human Footprint" – beeindruckende Satellitenbilder unserer Erde - sind Sie im LUMAS Portfolio vertreten. Wie ist es für Sie, diese Aufnahmen in einem künstlerischen Umfeld zu sehen, in Galerien und Museen? Wir fühlen uns in diesem Umfeld sehr wohl, weil diese konzentrierte Form der Präsentation unsere Aufnahmen bestmöglich zur Geltung bringt. Auch wenn wir keine Künstler im herkömmlichen Sinn sind, ist uns der ästhetische Aspekt unserer Arbeiten sehr wichtig und unsere Werke sind ja auch das Ergebnis eines kreativen Prozesses.

Die Frage stellt sich, weil Sie ursprünglich aus einem ganz anderen Bereich kommen… Ja, unsere Studienrichtungen sind Technische Physik (Markus Eisl), Vermessung (Gerald Mansberger) und Biologie (Paul Schreilechner). Wir werden heute am ehesten als Geoinformatiker bezeichnet. Ein Teil unserer Arbeit ist sicher eher technisch orientiert. Dabei geht es um Planung und Analyse, aber auch um Visualisierung.

An welchen Projekten arbeitet Ihr Team normaler Weise? Die Projekte sind sehr vielfältig. Momentan sind wir beispielsweise in ein „Environmental and Social Impact Assessment“ für ein Staudammprojekt in Tansania involviert. Ein ganz anderes Feld sind Projekte rund um unseren VISION GLOBE, ein multimediales Display in Kugelform, das etwa in Museen und Science Centern gerne eingesetzt wird. Dann sind wir auch noch in Forschungsprojekte eingebunden. Da geht es dann beispielweise um Biodiversität, Katastrophenhilfe oder Raumplanung.

Der Schritt von der technischen Seite und Nutzung hin zur Kunst – wie kam es zu diesem Prozess? Gab es ein Schlüsselerlebnis? Markus Eisl: Ein klar festzumachendes Schlüsselerlebnis gibt es für mich nicht. Allerdings stellt für mich die Auseinandersetzung mit Kunst seit jeher einen wichtigen Bestandteil eines geglückten Lebens dar, weil diese ein so wichtiges Fenster auf ganz wesentliche Bereiche des Menschseins darstellt. Paul Schreilechner: In unserer täglichen Arbeit sind wir mit unterschiedlichsten Ansichten der Erde aus dem Weltall konfrontiert. Mich hat dabei immer schon die ästhetische Wirkung und die Vielfalt der Farben und Muster fasziniert. Gerald Mansberger: Ein Schlüsselerlebnis im eigentlichen Sinn gab es nicht, wohl aber eine Initialzündung: Bei ersten Bildrecherchen zum Bildband „Human Footprint“ beeindruckten mich auf den ersten Blick die unglaubliche Vielfalt an Farben und Strukturen der Aufnahmen. Durch geschickte Auswahl des Bildausschnittes und der Blickrichtung gelang es uns, der inhaltlichen Aussage der Bilder einen künstlerischen Rahmen zu verleihen.

Wie ist die Vorgehensweise bei der Anfertigung der Bilder? Sind es bewusste, geplante Prozesse oder finden sich solche „Schätze“ erst nach der Sichtung und Auswertung, also fast zufällig? Markus Eisl: Der Auswahl der Motive geht eine mehr oder weniger intensive Recherche zum jeweiligen Thema voraus, die auch durch eher zufällig wahrgenommene und für interessant befundene Medienberichte ausgelöst werden kann. Das ist verbunden mit einer oft recht aufwändigen Suche nach einem Ausschnitt der Erdoberfläche, der unseren Absichten in inhaltlicher und in ästhetischer Hinsicht entspricht. Die volle Wirkung einer Aufnahme entfaltet sich allerdings erst, wenn wir die Rohdaten verarbeiten, wobei durchaus Überraschungen vorkommen. Paul Schreilechner: Der Zufall spielt hier wie bei jedem anderen Foto auch eine Rolle, das richtige Motiv zum richtigen Zeitpunkt, im richtigen Aufnahmewinkel. Faktoren dabei sind Jahreszeit, Lichtverhältnisse, Zustand der Vegetation, Wasserverhältnisse und natürlich auch menschliche Aktivitäten.

Wie muss man sich einen ganzen Ablauf vorstellen, welcher Arbeitsschritte bedarf es, bis Sie den finalen Fotoabzug des Satellitenbildes in den Händen halten? Nach der Auswahl eines Motivs bestellen wir beim Betreiber des Satelliten die benötigten Rohdaten, die anders als bei üblichen Digitalbildern nicht nur aus drei sondern aus bis zu acht Farbkanälen bestehen. Diese werden von Aufnahmeverzerrungen bereinigt und in einem speziellen Verfahren durch Mischen der Rohkanäle farblich optimiert. Meist streben wir ein Erscheinungsbild an, das möglichst naturnah wirkt, jedoch das Thema des Bildes optimal präsentiert. Ein sehr wichtiger Schritt für die Wirkung der Strukturen und Farben einer Aufnahme ist natürlich auch hier die Auswahl des Bildausschnitts, bei der auch die Auflösung der Rohdaten berücksichtigt werden muss.

Die Formen, Strukturen und Muster auf den Bildern wirken wie moderne Gemälde. Was fasziniert Sie mehr: Die urbanen, geschaffenen Strukturen oder die natürlichen Formen der Natur? Paul Schreilechner: Diese Frage kann ich nicht eindeutig beantworten. Oft sind die vom Menschen geschaffenen Strukturen einfach spektakulärer und auch spannender anzusehen. Als Biologe interessiert mich aber natürlich vor allem die unberührte Natur. Die Bilder der Mangrovenwälder am Soengai Linoeangkajan sind für mich absolute Highlights. Markus Eisl: Da es von beiden Bereichen so wunderbare Aufnahmen gibt, ist eine Entscheidung fast nicht möglich. Vielmehr hat mich die langjährige Beschäftigung mit den Bildern und ihren Hintergrundgeschichten gerade dazu geführt, die Erde als eine Einheit zu betrachten, zu der wir als natürlicher Bestandteil gehören. Gerald Mansberger: Meine Liebe gilt den natürlichen Formen, im Speziellen den vielfältigen Farbnuancen und fließenden Formen des Wassers.

Haben Sie eine besondere Lieblingsaufnahme, ein Satellitenbild, das Sie besonders beeindruckt hat? Paul Schreilechner: Ja, mein Lieblingsbild ist das Bild der Insel Saint Paul im indischen Ozean. Die Insel gehört zu den abgelegensten Orten der Erde. Sie ist vom Festland in jede Richtung mehr als 3.000 Kilometer entfernt. Trotz dieser Abgeschiedenheit hat sie eine bewegte Geschichte. Markus Eisl: Von den Aufnahmen der Reihe „Human Footprint“ bei LUMAS ist es sicher das Bild „Malediven“, das wie Juwelen aneinander gereihte kleine Koralleninseln zeigt. Neben dem unglaublichen Farbenspiel des Ozeans wirkt da auch die Spannung zwischen der lokalen Nutzung als altem Lebensraum für Fischer und den globalen Entwicklungen, mit den Inseln als Tourismusdestination und durch den Meeresspiegelanstieg gefährdete Umwelt. Gerald Mansberger: Bei den vielen Bildern, welche wir inzwischen verarbeitet haben, gibt es natürlich immer wieder neue Highlights. Aber schon sehr lange in meiner persönlichen Hitliste hält sich ein Motiv aus unserem neuen Bildband „one earth“: Die in unterschiedlichen Grautönen dargestellten Schlickflächen eines Wattenmeeres an der Atlantikküste Patagoniens stehen in harmonischem Kontrast zu einem fein verästelten Netz von Prielen in unterschiedlichen Azur-Nuancen.

Warum sind diese Aufnahmen unserer Erde, die Bilder vom „Fußabdruck“ unserer Zivilisation so faszinierend für den Betrachter? Gerald Mansberger: Meiner Meinung nach spielt das unglaubliche Spannungsfeld, welches in den Motiven herrscht, eine entscheidende Rolle. Auf den ersten Blick steht der Betrachter vor einem Kunstwerk. Bei genauem Hinsehen muss er allerdings in vielen Fällen erkennen, dass der ästhetische Eindruck des Bildes im starken Kontrast zur gezeigten Realität steht. Markus Eisl: Ich glaube, die Faszination kommt daher, dass diese Aufnahmen auf vielen sehr unterschiedlichen Ebenen einen Zugang ermöglichen. Von der „nur“ ästhetischen Wirkung der Farben und Muster ausgehend kann man Aufnahmedetails nachforschen, hinter denen oft eine interessante, teils über tausende Jahre zurückreichende Geschichte, aber auch zahlreiche Geschichten und Schicksale stehen. Nicht selten ist es dann auch der persönliche Bezug zu einem Ort, an dem man bereits selbst gewesen ist, der eine sehr unmittelbare Verbindung mit einer Aufnahme herstellen kann.

Jede Ihrer Arbeiten ist in zwei Größen bei LUMAS erhältlich, beide Versionen gibt es unter anderem als Kaschierung unter Acrylglas. Haben Sie persönlich einen Favoriten bezüglich der Veredelungen? Markus Eisl: Wenn genügend Raum für die Präsentation zur Verfügung steht, finde ich die großen Formate unter Acrylglas ideal. Diese bringen die Aufnahmen in faszinierender Tiefe und farblicher Brillanz so perfekt zur Geltung, dass man beim Betrachten richtig in die dargestellte Szene eintauchen kann. Paul Schreilechner: Gerade für Satellitenbilder, die ja einen technischen Hintergrund haben, finde ich diese schlanke aber edle Form der Präsentation sehr passend.

Welchen Qualitätsstandard muss für Sie ein Fotofachlabor vertreten? Gibt es etwas Spezifisches auf das Sie bei der Bearbeitung Ihrer Satellitenbilder besonders achten müssen? Ein Fotofachlabor muss in der Lage sein, die farblichen Feinheiten einer Aufnahme und ihre Kontrastwirkung möglichst ohne Abstriche von der digitalen Vorlage in das ausgearbeitete Bild zu transferieren.

Neben Ihren Bildbänden haben Sie auch mit dem Salzburger Haus der Natur eine Sonderausstellung zum Thema "Human Footprint" produziert. Auch für dieses Projekt haben Sie sich für eine Zusammenarbeit mit WhiteWall entschieden… Die Zusammenarbeit mit WhiteWall war in diesem Fall eine absolut richtige Entscheidung und wir sind sehr froh darüber. Ursprünglich kamen auch andere Anbieter in Frage, mit denen das Museum auch sonst bei Ausstellungen zusammenarbeitet. Unsere guten Erfahrungen mit WhiteWall haben aber den Ausschlag gegeben. Letztendlich waren alle vom Ergebnis begeistert und der Erfolg der Ausstellung gibt uns Recht. Dazu muss ja letztendlich alles zusammenpassen. Die Ausstellung ist übrigens im Jahr 2014 in Bonn, Münster und Wien zu sehen.

Abgesehen von Ihren eigenen Projekten - welche Motive oder Fotografen haben es Ihnen besonders angetan? Paul Schreilechner: Sebastiao Salgado (“Genesis”) und Jimmy Nelson (“Before they pass away”). Markus Eisl: Für mich sind das fast immer Aufnahmen, die einen Teil der Wirklichkeit zeigen, zu dem ich sonst in dieser Form keinen Zugang hätte, und dabei etwas Unbekanntes vom Wesen des Dargestellten in den Fokus rücken. Das können Menschen in mir fremden Lebenswelten und Kulturen sein, aber auch Bauwerke oder Landschaften. In formaler Hinsicht liegen mir dabei eher klare und in ihrer Farb- und Formensprache reduzierte Fotografien. Gerald Mansberger: Neben dem Blick aus dem Weltraum faszinieren mich vom Ballon, Gleitdrachen oder Flugzeugen aus aufgenommene Luftaufnahmen.

Wenn Sie einen Blick in die Zukunft werfen, haben Sie Lust die künstlerische Seite Ihres Schaffens weiter auszubauen? Gerald Mansberger: Auf jeden Fall. Die Liste der Ideen, welche auf Umsetzung warten, wird immer länger. Darüber hinaus befinden sich bereits einige Projekte in der Umsetzungsphase. Mit „Human Footprint“ ist es uns gelungen, die traditionell sehr techniklastige Betrachtungsweise von Satellitenaufnahmen durch eine künstlerische zu ergänzen. Die neu entstehenden Kontakte zu Museen und Galerien und darüber hinaus auch zu Fotokünstlern sind sehr inspirierend und machen Lust auf mehr. Paul Schreilechner: Beruflich wird das sicher in Form von weiteren Büchern und Ausstellungen passieren. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass sich privat daraus noch einiges entwickelt. Ich male in meiner Freizeit und habe viele Ideen für die künstlerische Weiterverarbeitung der Bildmotive.

Fotos: eoVision, Text: Claudia Haevernick

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